Die deutsch-jüdische Künstlerin Elisabeth Naomi Reuter wurde in Celle geboren und studierte in den 1960er Jahren Grafik und freie Malerei an der Werkkunstschule Hannover (als Stipendiatin der Stadt Hannover). Zu ihren Lehrern zählte u.a. der Bauhaus-Fotograf Umbo* (Otto Maximilian Umbehr, Bauhaus). Studienreisen führten sie nach Amsterdam, Wien und Paris. Ausstellungen im In- und Ausland und verschiedene Preise, Stipendien und Auszeichnungen begleiteten ihr Schaffen.
Nach dem Studium arbeitete sie als freischaffende Künstlerin, sowie als Illustratorin für zahlreiche Schulbücher und Bilderbücher, sowie die Zeitschrift „Spielen und Lernen“ – u.a. für den Schroedel Verlag, Klett, Velber, Friedrich oder Coppenrath Verlag. Der Ehe mit dem Architekten Jörn Behnsen entstammte ihr Sohn Sven. 1974 ging die Familie nach Oldenburg, die Ehe zerbrach jedoch bald darauf. 1976 und 1977 war Reuter Tutorin für Illustration an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg. 1980 wurde ihre Tochter Sarah geboren, die Reuter alleinerziehend und freischaffend großzog. Von 1981-1985 leitete Reuter eine eigene „Werkstattgalerie“ in Oldenburg. In den 1980er Jahren war sie Teil der Jüdischen Gruppe in Oldenburg und schließlich Gründungsmitglied der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg im Jahr 1992.
Ab 1988 entstanden Bilderbücher mit eigenen Texten und Bildern und erschienen im Ellermann Verlag, bei Carlsen, Coppenrath, Bitter, Echter und im Friedrich Verlag. Reuters wichtigstes Buch „Judith und Lisa“ (Ellermann Verlag, 1988, Neuausgabe 2023 Hentrich&Hentrich) erzählt auf eindringliche und trotzdem behutsame Weise Kindern ab sechs Jahren von der Shoah. Es war eines der ersten Bilderbücher zu diesem Thema, erschien in sechs Sprachen und erhielt mehrere Auszeichnungen. 2023 erscheint das Buch in einer erweiterten, zweisprachigen Neuausgabe im Verlag Hentrich&Hentrich. Auch Reuters andere Kinderbücher behandeln sogenannte Tabuthemen: Krankheit und Tod, Gewalt in der Familie, Missbrauch, Krieg und Vertreibung, Rassismus. Reuter war der Meinung, dass Kinder im Leben damit konfrontiert werden und in Büchern mit Texten und Bildern Raum zur Verarbeitung finden sollten.
2004 zog Elisabeth Naomi Reuter nach Berlin und arbeitete seither ausschließlich und sehr intensiv im Bereich Freier Malerei, dabei galt ihr Interesse insbesondere „Literaturbildern“ – oft zu Werken jüdischer Schriftsteller*innen (Franz Kafka, Edmond Jabès, Bruno Schulz oder Gertrud Kolmar). Es entstand eine Werkreihe „Leerstellen“, die sich mit der Nichtdarstellbarkeit des Grauens der Shoah künstlerisch auseinandersetzte.
Reuters letztes Lebensjahrzehnt zeichnete sich durch eine enorme Schaffenskraft aus, es entstanden Hunderte Werke. 2015 erschien eine Monographie, der Katalog „Elisabeth Naomi Reuter. Im Mittelpunkt der Mensch“ mit Ölgemälden und Zeichnungen aus mehreren Jahrzehnten beim Verlag Hentrich&Hentrich. 2017 starb Elisabeth Naomi Reuter mit 74 Jahren, sie ist auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee begraben.